Europarecht II

Pflichtvorlesung im 4./5. Studiensemester.

Mittwoch 15.15-16.45 Uhr, Raum R711.

Gegenstand der Pflichtvorlesung „Europarecht II“ ist das materielle Unionsrecht. Es geht um die Vermittlung von Grundkenntnissen zur Unionsbürgerschaft, den Grundrechtsschutz, die Grundfreiheiten des Binnenmarkts sowie die Stellung Europas in der Welt. Speziell die europäischen Grundrechte erlangen mit der Grundrechtecharta eine neue Sichtbarkeit und Durchschlagskraft, zusätzlich zu den völkerrechtlichen Verpflichtungen aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). In der deutschen Rechtspraxis und –Ausbildung finden diese überstaatlichen Gewährleistungen infolge der BVerfG-Entscheidungen zum „Recht auf Vergessen“ eine vermehrte Beachtung. Dementsprechend in der ebenenübergreifende Grundrechtsschutz ein Schwerpunkt der Vorlesung. Hinzu treten die wirtschaftlichen Grundfreiheiten im Binnenmarkt, die das Handeln der Mitgliedstaaten auch in denjenigen Rechtsgebieten einschränken, in denen die EU über keine Gesetzgebungskompetenz verfügt. Außerdem wirken zahlreiche Bestimmungen des Völkerrechts innerstaatlich als EU-Recht; aus diesem Grund befasst sich die Vorlesungen abschließend auf das auswärtige Handeln. Die Veranstaltung richtet sich an den Staatsexamensstudiengang sowie alle Erasmus- und Nebenfachstudierenden. Für letztere wird eine mündliche Prüfung in der vorletzten Semesterwoche angeboten. Nachfolgende Übersicht bietet eine Orientierung über die Reihenfolge der behandelten Themen; der genaue Zeitablauf richtet sich nach dem Fortschritt der Veranstaltung. Informationen zu den Einzelstunden finden Sie auf der VL-Homepage.   

Übersicht über Verlauf und Inhalt der Vorlesung: Download 

Ausführliche Materialsammlung: Download

Unionsbürgerschaft

Grundlagenlektüre

M. Herdegen, Europarecht (23. Aufl. 2022),  § 12.

T. Oppermann/C.D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht (9. Aufl. 2021), § 16.

W. Schroeder, Grundkurs Europarecht (7. Aufl. 2021), § 13.

Materialien

Amtliches Register der Bürgerinitiativen auf EU-Ebene.

Flash Eurobarometer Nr. 365: European Union Citizenship, November 2012/Februar 2013: Zusammenfassung.

Gesetzgebung

Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative (ABl. 2011 L 65/1).

Rechtsprechung

BVerfGE 123, 267 (404 f.) – Lissabon, Rn. 348-350: staatsrechtliche Einstufung der Unionsbürgerschaft.

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Diskriminierungsverbot (Art. 18 AEUV)

Grundlagenlektüre

W. Schroeder, Grundkurs Europarecht (7. Aufl. 2021), § 12.

R. Streinz, Europarecht (11. Aufl. 2019), § 12.

C. Herrmann, Examens-Repetitorium Europarecht. Staatsrecht III (7. Aufl. 2019), Rn. 200-203.

Urteile

EuGH, Kommission Österreich, C-147/03, EU:C:2005:427: österreichische Begrenzung des Zugangs zu Universitäten verstößt gegen EU-Recht (Rn. 41 ff.).

EuGH, Förster, C-158/07, EU:C:2008:630: Anspruch auf Studienbeihilfen und -darlehen beim Studium in einem anderen Mitgliedstaat? (Rn. 49-60).

EuGH, Österreich/Deutschland, C-591/17, EU:C:2019:504: deutsches Projekt einer Pkw-Maut nur für Personen mit ausländischer Fahrzeugzulassung verstößt gegen Art. 18 AEUV, soweit Inländer die Kosten über die Steuer umfassend erstattet bekommen (Rn. 53 ff.).

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Grundrechtecharta

Grundlagenlektüre (allgemein)

M. Herdegen, Europarecht (23. Aufl. 2022),  § 12.

W. Schroeder, Grundkurs Europarecht (7. Aufl. 2021), § 15.

R. Streinz, Europarecht (11. Aufl. 2019), § 10.II.

Grundlagenlektüre (GrdR-Dogmatik)

T. Oppermann/C.D. Classen/M. Nettesheim, Europarecht (9. Aufl. 2021), § 17.

R. Streinz, Europarecht (11. Aufl. 2019), § 10.III-IV.

Materialien

Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12.12.2007 (Abl. 2007 C303/1).

Erläuterungen zur Charta der Grundrechte (ABl. 2007 C 303/17).                                           

Vertiefungslektüre

D. Thym, Von Karlsruhe nach Bückeburg – auf dem Weg zur europäischen Grundrechtsgemeinschaft, Verfassungsblog am 28. Februar 2013.

Rechtsprechung

BVerfGE 73, 339 – Solange II: Nicht-Vorlage an EuGH als Verletzung des gesetzlichen Richter (Rn. 73 ff.) und EU-Grundrechtsschutz entspricht grdsl. GG-Anforderungen (Rn. 101 ff.).

EuGH, Åkerberg Fransson, C-617/10, EU:C:2013:280: kontroverses Urteil zum weiten Verständnis des Anwendungsbereichs der EU-Grundrechte (Rn. 18-29).

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Power-Point-Folien – Dogmatik: Download 

Rechtsschutzsystem der EMRK

Grundlagenliteratur

M. Herdegen, Europarecht (23. Aufl. 2022),  § 3.

C. Herrmann, Examens-Repetitorium Europarecht. Staatsrecht III (4. Aufl. 2013), Rn. 302-325.

H. Sauer, Staatsrecht III (7. Aufl. 2022), § 7.

Materialien

(Europäische) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4.11.1950 (in der Fassung vom 1. August 2021 nach dem Inkrafttreten des 15. Zusatzprotokolls).

Rechtsprechung

Beschlüsse und Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg (nur auf Englisch und/oder Französisch erhältlich; Suche mittels Beschwerde-Nummer).

Ausgewählte Urteile und Entscheidungen in (inoffizieller) deutscher Übersetzung.

BVerfGE 111, 307 (315-330) – EMRK-Würdigung: Stellung der EMRK in der deutschen Rechtsordnung (Rn. 30-63).

BVerfGE 148, 296 – Streikverbot für Beamte: notwendige Kontextualisierung bei der Übertragung von EGMR-Judiaktur in die deutsche Rechtsordnung (Rn. 132-135).

Folien: Download

Rolle des BVerfG

Grundlagenlektüre

H. Sauer, Staatsrecht III (7. Aufl. 2022), § 9.III.2.d.

Vertiefungslektüre

D. Thym, Freundliche Übernahme, oder: die Macht des „ersten Wortes“ – „Recht auf Vergessen“ als Paradigmenwechsel für die deutsche Rechtswissenschaft, Juristenzeitung 2020, 1017-1027.

Rechtsprechung

BVerfGE 152, 216 – Recht auf Vergessen II: BVerfG-Zuständigkeit zur GRCh-Prüfung, anstelle des GG bzw. einer VB-Unzulässigkeit, im vollharmonisierten Bereich, wenn das EU-Recht den Mitgliedstaaten keine inhaltlichen Spielräume belässt (Rn. 42-45, 50-67), aufgrund einer engen Kooperation mit dem EuGH (Rn. 68-76).

BVerfGE 152, 152 – Recht auf Vergessen I: GG-Prüfung bei gleichzeitiger GG/GRCh-Geltung mangels einer Vollharmonisierung (Rn. 40-54), aufgrund einer Vermutung für die Chartakompabilität des GG, das freilich im Lichte der GRCh auszulegen ist (Rn. 55-62), wobei die GRCh im Konfliktfall vorrangig anzuwenden ist (Rn. 63-72).

Power-Point-Folien: Download 

Grundfreiheiten (EuR II)

Grundlagenliteratur

M. Herdegen, Europarecht (23. Aufl. 2022),  §§ 13-18.

W. Schroeder, Grundkurs Europarecht (7. Aufl. 2021), § 14.

C. Herrmann, Examens-Repetitorium Europarecht (7. Aufl. 2019), Rn. 143-201.

R. Streinz, Europarecht (11. Aufl. 2019), § 11.I+II.   

Gesetzgebung (Beispiele)

Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. 2006 L 376/36): Rahmenregelung zur vorübergehenden Dienstleistungserbringung und dauerhaften Niederlassung.

Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. 4.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. 2011 L 141/1): Arbeitsuche, Gleichbehandlung und Familiennachzug bei Wanderarbeitnehmern.

Richtlinie 98/5/EG zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde vom 16.2.1998 (ABl. 1998 L 77/36) nebst dem Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland – EuRAG (BGBl. 2000 I S. 182).

Urteile

Die Standardurteile sind in den Power-Point-Folien wiedergegeben; folgende Auswahl betrifft einige Klassiker, die sich zur Wiederholung und Vertiefung eignen.

Warenverkehrsfreiheit

EuGH, Deutscher Apothekerverband (DocMorris I), C-322/01, EU:C:2003:664: Urteil anhand dessen das Grundverständnis der Warenverkehrsfreiheit überprüft werden kann (Rn. 66-76 zum Beschränkungsverbot und Rn. 102 ff. zur Rechtfertigung).

EuGH, Dynamic Medien, C-244/06, EU:C:2008:85: Europarechtswidrigkeit der deutschen „Freiwilligen Selbstkontrolle“ für importierte Spielfilm-DVDs? Geeignet zur Wiederholung des Beschränkungsverbots (26 ff.) sowie der Rechtfertigungslehre (Rn. 36 ff.).

Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit

EuGH, Cipolla, C-94/04 & C-202/04, EU:C:2006:758: Rechtfertigung staatlicher Vorgaben für die Vergütung von Rechtsanwälten aufgrund der DL-Freiheit (Rn. 55 ff.).

Arbeitnehmerfreizügigkeit

EuGH, Bosman, C-415/93, EU:C:1995:463: Übertragung der Cassis-Rechtsprechung auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit als einem Beschränkungsverbot (konkret: Europarechtswidrigkeit von Ablösezahlungen und Nationalitätenklauseln im europäischen Profifußball).

EuGH, Kranemann, C-109/04, EU:C:2005:18: Erstattung von Reisekosten für Rechtsreferendare zu einer Wahlstation im EU-Ausland (guter Überblick über verschiedene Aspekte der Freizügigkeit).

Folien: Download